Barrierefreies Webdesign ein zugängliches und nutzbares Internet gestalten

Zett Punkt Bee Punkt veröffentlicht in 2005

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Alternative ohne (X)HTML

Guter Schreibstil ist zum Beispiel, Akronyme beim ersten Auftreten in einem Dokument auszuschreiben und die Abkürzung in Klammern dahinter zu setzen, etwa "Web Accessibility Initiative (WAI)". Da es in der Anforderung der BITV zunächst nur um das erste Vorkommen einer Abkürzung bzw. eines Akronyms geht, dürfte diese Vorgehensweise hinreichend zur Erfüllung der Bedingung 4.2 sein, auch wenn weder ACRONYM noch ABBR verwendet werden.

Es geht darum, dass ein Nutzer die erforderlichen Informationen bekommt, einen Text zu verstehen. Dadurch, dass das erste Vorkommen ausgeschrieben wird, hat der Nutzer zumindest die Chance, die Bedeutung des Akronyms zu verstehen. Und hier ist schon die erste Falle der BITV-Bedingung. Es wird verlangt, dass die Erklärung eines Akronyms oder einer Abkürzung mit der verwendeten Markup-Sprache kenntlich gemacht wird. Aber wenn der Text von sich aus verständlich geschrieben ist und Akronyme ausgeschrieben werden, dann ist die Verwendung von ACRONYM und ABBR unnütz oder gar an den vermeintlichen Nutznießern vorbei gezielt.

Beispielsweise hat Web Accessibility Initiative (<acronym>WAI</acronym>) keinen besonderen Nutzen für einen Leser, wie weiter oben schon beschrieben. Dies liegt unter anderem daran, dass aurale CSS-Eigenschaften wie speak:spell-out; von Sprachausgaben nicht unterstützt werden. Wenn die Unterstützung gegeben wäre, so könnte das Buchstabieren des Akronyms über CSS gesteuert werden

Vielmehr wird die Ausgabe einer bestimmten Abkürzung der Zugangssoftware überlassen. Die meisten Screenreader haben die Möglichkeit, mit einem benutzerdefinierten Wörterbuch die Aussprache bestimmter Begriffe, also auch Abkürzungen, selbst zu bestimmen.

Wörterbuchmanager in JAWS 6.1 Screenshot: JAWS 6.1: Mit dem Wörterbuchmanager kann die Aussprache eines bestimmten Begriffs bestimmt werden. Hier wird beim Vorkommnis bei 'BITV' anstatt des standardmäßigen Buchstabierens des Begriffs die Ausgabe 'Bitt V' gewählt.

Solche Voreinstellungen können auch systemweit vorgenommen werden. In der Sprachausgabe von MacOS X sehen diese Einstellungen wie folgt aus:

Voreinstellungen in VoiceOver Screenshot: VoiceOver Utility: Das 'Buchstabieren' oder 'Ersetzen' von Akronymen kann für einzelne Anwendungen oder systemweit vorgenommen werden.

Auch die Schreibweise Web Accessibility Initiative (<acronym title="Web Accessibility Initiative">WAI</acronym>)hat einen Nachteil: Nutzer alternativer Zugangssoftware wie Sprachausgaben, die sich die vollständige Erläuterung anstatt des Akronyms ausgeben lassen, erhalten redundante Informationen: "Web Accessibility Initiative (Web Accessibility Initiative)"

Doppelte Anzeige einer Erläuterung Screenshot: Die 1:1-Übernahme der Anforderung der BITV kann zu Redundanzen führen. Hier wird der Begriff "Web Accessibility Initiative" zweimal hintereinander ausgegeben.

So geht möglicherweise auch die Zuordnung der Auflösung zum Akronym gänzlich verloren, etwa wenn einige Absätze später "WAI" wieder auftaucht und der Nutzer dieses Akronym nicht kennt.

Das Ausschreiben von Akronymen und Abkürzungen wie in den klassischen Medien (Erläuterung und in Klammern gesetzte Abkürzung beim ersten Auftreten) dürfte die Anforderungen der BITV erfüllen. Die Anforderung, Abkürzungen mit (X)HTML-Elementen auszuzeichnen, ergibt sich nur dann, wenn eine Abkürzung nicht im Fließtext erläutert wird.

Allerdings hat diese Schreibweise ihre Grenzen: Viele Abkürzungen "u. E." (unseres Erachtens) würden nicht zuerst ausgeschrieben werden und dann in Klammern als Abkürzung gesetzt werden.

Sie könnten dazu übergehen, bestimmte Abkürzungen im Text stets auflösen zu wollen, etwa "beziehungsweise" statt "bzw.". Jedoch ist das nicht immer möglich, weil die Texte in einer anderen Abteilung verfasst wurden und sofort online gestellt werden sollen. Es muss also im Rahmen einer Entwicklung gesehen werden, dass Texte auch in Bezug auf Akronyme und Abkürzungen bereits bei ihrer Verfassung verständlicher werden.

Alternativ müssen Skripte entwickelt werden, die beim Einstellen oder Abrufen der Texte automatische Ersetzungen vornehmen.

Das Ausschreiben von vielen Abkürzungen wie "und so weiter", "gegebenenfalls" oder "das heißt" kann zur Verständlichkeit beitragen.

Weitere Hinweise zur Verwendung von ACRONYM und ABBR finden Sie in dem Beitrag von Jasper Tverskov Extern, englischsprachig: Abbr and Acronym are for user agents not for end users. Ein interessanter Beitrag über Sinn und Unsinn von ABBR und ACRONYM, wo allerdings die Bedürfnisse der verschiedenen Nutzergruppen nicht weit genug berücksichtigt werden.