Alternative Versionen
Obwohl die alternative Version eines Inhalts durchaus zur Barrierefreiheit beitragen kann, so hat die in der Praxis oft vorzufindende Textversion eines kompletten Webauftritts niemals zu den Anforderungen der Barrierefreiheit gehört. Alternative Versionen können vielmehr in Einzelfällen dazu beitragen, besondere Inhalte barrierefrei anzubieten.
Es gibt verschiedene technische und inhaltliche Gegebenheiten, die eine alternative Version erforderlich machen:
- Technische Gründe: Zwar werden bestimmte Techniken wie z.B. HTML5 in verschiedenen Browsern unterstützt, aber (im Jahr 2011) noch nicht von Screenreadern. Weil die zugrunde liegende Technik noch nicht zugänglichkeitsunterstützend ist, ist eine alternative Version mit HTML 4.01 oder XHTML 1.0 notwendig, um die Zugänglichkeit in Screenreadern sicherzustellen.
- Inhaltliche Gründe: Neben dem technischen Aspekt der Zugänglichkeitsunterstützung gibt es aber auch den Aspekt der Verständlichkeitsförderung. Wann welcher Inhalt mit welchen Inhaltsformen zu ergänzen ist, muss im Einzelfall entschieden werden.
Verständlichkeitsfördernde, ergänzende Inhalte fördern die Barrierefreiheit. Diese zusätzlichen Inhalte können — je nach Ausgangsmaterial — sein:
- Übersetzungen in Leichte Sprache,
- Übersetzungen in Gebärdensprache,
- Audioversionen vorhandener Texte oder,
- Datentabellen als Ergänzung zu Diagrammen und Charts u.v.m.
Auch können Style-Switcher in Einzelsituationen nützliche Features darstellen und weitergehende Anforderungen der Barrierefreiheit sicherstellen.
Wenn die barrierefreie Alternative eines Inhalts berücksichtigt werden muss, dann muss die Alternative auf barrierefreie Weise von der nicht barrierefreien Seite aus aufgerufen werden können. Dies ist ein entscheidender Aspekt bei der Bereitstellung alternativer Versionen, denn Nutzer sollten auf die barrierefreie Version ohne zusätzliche Hürden gelangen können. Anders formuliert: Wenn etwas nicht barrierefrei ist, wie soll jemand, der auf die Barrierefreiheit angewiesen ist, zur barrierefreien Version gelangen?
Das umstrittenste Thema aus dem Bereich des barrierefreien Webdesigns ist die sogenannte Textversion. Alternative Versionen können für das Erreichen einer bestimmten Konformitätsstufe der WCAG 2.0 eingesetzt werden, wenn Einzelseiten oder einzelne Inhalte besonders aufbereitet werden müssen. Sie sind jedoch stets ein Behelf und nur für wenige Szenarien zulässig, wie zum Beispiel HTML-Alternativen für Dokumente in einem nicht barrierefreien Format. Textversionen waren und sind keine zulässigen alternativen Versionen für HTML-Seiten.
Die folgende Liste fasst die Inhalte der Beiträge im Bereich "Alternative Versionen" zusammen.
- Ganz andere Wege (2009)
Die Zweckmäßigkeit einer alternativen Version ist abhängig von verschiedenen Faktoren, etwa der Komplexität der darzustellenden Inhalte und der erforderlichen Darstellungsform, um sie Menschen mit bestimmten Behinderungen zugänglich zu machen. In keinem Fall ist es hilfreich, eine pauschale Nur-Text-Version des gesamten Webauftritts anzubieten. Je nach Einzelfall können jedoch ein gezielter Einsatz von zum Beispiel einem Style-Switcher, Gebärdensprachfilmen oder Texte in Leichter Sprache zur Verbesserung der Verständlichkeit beitragen.
- Wofür alternative Versionen geeignet sind (2009)
Ergänzende Inhalte fördern die Barrierefreiheit für bestimmte Nutzergruppen, verursachen aber meist Folgeprobleme der Barrierefreiheit. Weil es sich aber um ergänzende Inhalte handelt, müssen sie nach der WCAG nicht allen Anforderungen genügen. Wichtig ist aber das barrierefreie Hin- und Herschalten zwischen verschiedenen Inhaltsformen.
- Theorie und Anforderungen der alternativen Version (2009)
Alternative Versionen können in begründeten Ausnahmefällen für die Barrierefreiheit einzelner Inhalte oder einzelner Seiten sorgen. Wichtig ist, dass die Alternative selber nicht zur Barriere wird, sondern den Kriterien der Barrierefreiheit entspricht und ohne Umwege zugänglich ist.
Ein schwieriges Thema ist die Bezeichnung einer solchen Alternativversion. Es gibt keine standardisierte Definition. Unglücklicherweise haben sich Begriffe wie "Textversion" und "barrierefreie Version" etabliert.
- Mythos "Textversion" (2009)
Insbesondere mit Inkrafttreten des deutschen Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) 2002 erhielt das Thema "Textversion" neuen Aufwind in Webdesigner-Kreisen. Was in den Argumenten für eine Textversion oft vernachlässigt wurde und wird, ist, dass der korrekte und sinnvolle Einsatz von Webstandards die Berücksichtigung einer Alternative normalerweise überflüssig machen. Es gehört zum Handwerk eines jeden professionellen Webentwicklers, die Webstandards des W3C korrekt zu beherrschen. Immerhin, die gängigsten Webstandards wie HTML und CSS gibt es schon seit Mitte der 1990er Jahre.
Wer nach den Richtlinien für barrierefreie Webinhalte parallele Versionen von Inhalten für verschiedene Nutzergruppen aufbereitet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass die Seiten gerade dadurch nicht barrierefrei sind, denn eine barrierefreie und damit auch standardkonforme Seite braucht keine Alternative. Auch wenn es Ausnahmen gibt und manche Webstandards aufgrund der mangelnden Zugänglichkeitsunterstützung nicht barrierefrei umgesetzt werden können, so handelt es sich hierbei um Einzelfälle.
- Style-Switcher (2009)
Neben der technischen Zugänglichkeit und der Verständlichkeitsfärderung ist auch das Thema "Style-Switcher" relevant: Viele Webauftritte können die Konformitätsstufen der Barrierefreiheit nicht erreichen, weil Anforderungen wie das Vermeiden von blinkenden Inhalten oder die Einhaltung minimaler Kontrastverhältnisse nicht berücksichtigt werden. Hier lassen die Richtlinien für barrierefreie Webinhalte die Möglichkeit zu, eine Alternative anzubieten. Genauso wie die Textversion gelten aber auch hier strenge Maßstäbe, denn mit einer Alibi-Funktion zur Vergrößerung der Schrift kann den Anforderungen der Barrierefreiheit in der Regel nicht genügt werden.
Die folgenden Begriffe dieser Seite werden auch im Glossar definiert: