Barrierefreies Webdesign ein zugängliches und nutzbares Internet gestalten

Computer und Behinderung? veröffentlicht in 2002zuletzt bearbeitet in

Was viele Webentwickler nicht wissen, aber gerade beim Thema "Webdesign" oder auch "Software-Entwicklung" wissen sollten, ist dass der Computer fast allen den Zugang zu elektronisch bereitgestellten Informationen ermöglicht. Wir kennen das ja vom Handy und dem WAP-Zugang: Der Zugang zu elektronischen Informationen muss nicht notwendigerweise über einen Monitor auf dem Schreibtisch laufen. Sowohl für die Ausgabe des Computers als auch für die Eingabe in den Computer gibt es zahlreiche Geräte, die weit über die "Standard-Ausstattung" mit Bildschirm, Tastatur, Maus und Drucker hinausgehen.

Was ist barrierefreies Webdesign?

Im Angloamerikanischen wird beim Thema "barrierefreies Webdesign" von "Accessibility" gesprochen, was immer wieder mit "Zugänglichkeit" übersetzt wird. Die Zugänglichkeit greift aber viel zu kurz; auch wenn die Barrierefreiheit viele technische Aspekte umfasst und in den Richtlinien selbst nur technisch überprüfbare Kriterien formuliert werden, so müssen weitere Aspekte wie Design, Verständlichkeit oder Nutzerführung ebenfalls betrachtet werden.

Barrierefreies Webdesign bedeutet, Webseiten so zu gestalten, dass sie von jedermann gelesen und bedient werden können. Dabei kann es sich um sehr unterschiedliche Dinge handeln.

Große Schwierigkeiten bei der Nutzung des Webs haben vor allem solche Nutzer, die einen textorientierten Zugang zum Web haben: solche Nutzer

Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden - wobei Sie die Suchmaschinen nicht vergessen sollten, die wie textorientierte Browser arbeiten!

Was haben diese Beispiele eigentlich gemeinsam, außer des textorientierten Zugangs? Wahrscheinlich nichts! Selbst wenn Sie Ihr Besucherprofil relativ gut kennen, werden Sie es in der Regel nicht schaffen, allen Anforderungen Ihres Publikums zu genügen. Platzieren Sie Werbung in einer Zeitschrift, die von Ihrem Klientel nicht gelesen wird, haben Sie einfach nur danebengeschossen. Abgesehen davon, dass die Zeitschrift Ihr Geld verdient hat, ist kein Unglück passiert. Gestalten Sie aber Ihre Internetseiten in einer Weise, die manchem Besucher das Lesen erschwert oder unmöglich macht, jagen Sie ihn schnell zu Konkurrenzangeboten. Außerdem wird er Ihre Seite kaum weiter empfehlen - eher das Gegenteil.

Menschen mit Behinderungen

Die Zahl der "Abweichungen" vom Durchschnitts-Surfer ist schwer einzuschätzen, sie beträgt aber mit Sicherheit mehr als 20%. Zumindest ist das laut dem Verein für Behinderte in Gesellschaft und Beruf die Quote derer in Deutschland, die wegen einer Einschränkung die eine oder andere Schwierigkeit im Web haben. Microsoft kommt in einer beauftragten Untersuchung aus dem Jahr 2004 sogar zu dem Ergebnis, dass Extern, englischsprachig: 57% der Nutzer von Barrierefreiheit profitieren.

Barrieren ergeben sich vor allem dann, wenn der Nutzer schlecht bzw. gar nicht sehen kann, in seiner Bewegung, also der Bedienung der Maus eingeschränkt ist oder schlecht bzw. gar nicht hört. Dazu kommen mehrere weitere Barrieren, die aufgrund von Lernbehinderungen und anderen kognitiven Einschränkungen entstehen.

Wer schlecht oder gar nicht sieht

Ohne Zweifel stehen Sehbehinderte und Blinde, die mit dem Computer ins Internet wollen, vor großen Barrieren. Das liegt daran, dass sie spezielle Hilfsmittel benutzen müssen.

Screen-Reader

Blinde und viele Sehbehinderte benötigen Software, die die Signale für den Bildschirm abfängt und neu interpretiert. Eine Variante ist die Spezialsoftware, die als "Screenreader" bezeichnet wird. Die Übersetzung des Bildschirminhalts durch den Screenreader erfolgt entweder in synthetischer Sprache oder aber in Blindenschrift über die Braille-Zeile; letztere ist ein spezielles Ausgabegerät, das Teile des Bildschirminhaltes in Blindenschrift auf einem taktilen Display wiedergibt.

Dies ist eine Möglichkeit, wie Sehbehinderte und Blinde im Internet surfen. Natürlich ist das mit Einschränkungen verbunden - Inhalte von Bildern und Grafiken bleiben nach wie vor "verborgen".

Vergrößerungssysteme (Screen-Magnifier)

Ein Vergrößerungssystem stellt einen Teil der "normalen" Darstellung vergrößert auf dem Bildschirm dar. Das bedeutet, dass der Benutzer jeweils nur einen kleinen Teil des Bildschirms wahrnehmen kann. Ist er auf eine vierfache Vergrößerung angewiesen, sieht er nur 1 / 16 der Bildschirmanzeige.

Auch andere Anpassungen der Darstellung im Betriebssystem, z.B. eine neue Einstellung der Farben, können für Sehbehinderte eine große Hilfe sein. Solche Änderungen der Einstellungen gelten für laufende Anwendungen und somit auch für Browser. In manchen Fällen führt das zu Problemen, wenn Webgestalter Farben teils selbst definieren, teils ihre Definition dem Betriebssystem überlassen.

Wer keine Maus benutzen kann oder will

Eine weitere Nutzergruppe, die vor Barrieren im Web steht, sind diejenigen, die keine Maus benutzen können und statt dessen darauf angewiesen sind, die Tastatur zur Navigation zwischen verschiedenen Seiten und innerhalb einzelner Seiten zu verwenden. Oft wird nichtsahnend vorausgesetzt, dass jeder eine Maus benutzt. Stellen Sie sich aber vor, Sie müssten Ihren Computer mit Boxerhandschuhen oder mit den Füßen bedienen. Da wäre eine normale Maus sicherlich keine besondere Hilfe. Hier sind spezielle Tastaturvorrichtungen und andere Eingabegeräte erforderlich.

Nun gibt es eine ganze Reihe Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine Maus benutzen; gerade auch Experten unter den Computernutzern verwenden gerne die Tastatur statt der Maus. Der wesentliche Vorteil dabei ist, dass die Bedienung des Computers im Allgemeinen wesentlich schneller geht. Für einzelne Seiten im Web kann die Tastaturbedienung aber problematisch werden, insbesondere wenn Seiten dynamisch oder mit Multimedia gestaltet werden. Hier gilt: Testen, testen, testen. Die Möglichkeit, eine Webseite ausschließlich mit der Tastatur zu bedienen, ist ein wichtiges Kriterium für die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit.

Weitere Barrieren

Menschen, die schlecht oder gar nicht hören oder nicht oder nur undeutlich sprechen können, sind im Web von heute mit relativ wenigen Barrieren konfrontiert. Erst die Zukunft wird zeigen, inwieweit das Web zum Kommunikationsmittel ausgebaut und zum akustisch-interaktiven Medium wird. Spätestens dann müssen Audio und Video transkribiert werden.

Neben vielen technisch orientierten Barrieren, die sich meist mit der Einhaltung von Webstandards überwinden lassen, gibt es viele sehr individuell ausgeprägte Barrieren. Gehörlose können z.B. oft gut lesen, aber wenn sie mit der Gebärdensprache aufgewachsen sind, dann ist die gesprochene und geschriebene Sprache eine Fremdsprache.

Ein großer Teil der Sehbehinderten steht auch dann vor Barrieren im Internet, wenn sie keinen Screenreader oder Vergrößerungssystem einsetzen müssen. Da dieser Personenkreis aufgrund der Vielfältigkeit der Augenerkrankungen meist sehr individuelle Anforderungen an die Anzeige des Bildschirms hat, ist es hier schwieriger, optimierte Anforderungen zu formulieren. Jedoch treten einige grundsätzliche Schwierigkeiten mit Kontrasten und Schriftgrößen relativ häufig auf.

Es gibt eine ganze Reihe anderer Einschränkungen, die weitere Barrieren im Internet aufzeigen. Denken Sie etwa an Menschen, die Konzentrationsschwächen haben; da ist eine logisch aufgebaute und leicht nachvollziehbare Navigation eine besondere Unterstützung. Ein weiteres Beispiel: je nach Art der Einschränkung können auch blinkende Elemente zur völligen Ablenkung vom Inhalt führen und zum Teil auch gesundheitliche Gefahren bedeuten.

Die Webstandards einhalten

Für diese und andere Barrieren wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) die Richtlinien für barrierefreie Webinhalte festgehalten. Trotz dieser Webstandards werden die meisten Webseiten auch heute noch nicht barrierefrei gestaltet.